P48/P12 sind die Kürzel für genormte Methoden, um ein Mikrofon mit Strom zu versorgen. Man spricht von der Phantomspeisung. Der Vorteil dieser Speisung ist, dass keine zusätzlichen Leitungen im Mikrofonkabel benötigt werden. Dieses Verfahren hat sich über die Jahrzehnte durchgesetzt, sodass die meisten Mikrofoneingänge an professionellen Geräten in der Lage sind, diese Speisung bereitzustellen.

Schoeps war das erste Unternehmen der Welt, das phantomgespeiste Studio-Kondensatormikrofone anbot (CMT 20-Serie, 1963-64). In der Zeit danach hat sich diese Art der Stromversorgung bei den Mikrofoneingängen der meisten professionellen Geräte zum Standard entwickelt.

Welche Mikrofone benötigen eine Phantomspeisung?

Nur Mikrofone mit einem eingebauten Verstärker benötigen eine Speisung. Dazu gehören sämtliche Kondensatormikrofone. Dynamische Mikrofone kommen dagegen üblicherweise ohne eingebauten Verstärker aus und brauchen nicht gespeist zu werden.

Kann die Phantomspeisung Mikrofone beschädigen?

Die Phantomspeisung wurde entwickelt, um Mikrofone zu schützen, die dafür nicht ausgelegt sind, wie z.B. dynamische Mikrofone. In ungünstigen Fällen, z.B. bei einer fehlerhaften Verkabelung, können jedoch Umstände eintreten, die Mikrofone beschädigen können - insbesondere das Ein- oder Ausstecken bei eingeschalteter Stromversorgung. Schoeps-Mikrofone sind gegen solche Schäden geschützt, aber es ist gute Praxis, alle Mikrofone bei ausgeschalteter Stromversorgung anzuschließen. Die Phantomspeisung ist bei den meisten Mikrofoneingängen in der professionellen Tontechnik schaltbar und sollte nach Möglichkeit nur für Mikrofone eingeschaltet werden, die sie benötigen.

Die Kompatibilität der Phantomspeisung mit allen Mikrofonarten ist eines ihrer besonderen Konstruktionsmerkmale. Andere Arten der Speisung können Mikrofone schädigen, die nicht speziell für sie entwickelt wurden.

Wie funktioniert die Phantomspeisung?

Die Phantomspeisung nutzt den Umstand, dass bei der symmetrischen Übertragung Gleichtaktsignale im Empfänger unterdrückt werden. Die Speisespannung wird dabei als Gleichtakt-Gleichspannung auf beide Signaladern gelegt.
Als Rückleiter dient die Masseverbindung über den Kabelschirm. Bei P48 werden 48 V als Speisespannung verwendet, mit dem Minuspol an Masse. Bei P12 beträgt diese Spannung 12 Volt, im Allgemeinen bei etwas höherem Strom.
Um das Nutzsignal nicht kurzzuschließen, und um den maximalen Strom zu begrenzen, speist man die Spannung über zwei möglich gleiche Widerstände ein, deren Wert genormt ist.

Abb. Schaltung Phantomspeisung
Abb. Schaltung Phantomspeisung

Norm IEC 61938

Die technischen Details sind in der Norm IEC 61938 geregelt. Es gibt weitere Varianten der genormten Phantomspeisung, die aber weitaus seltener anzutreffen sind als P48. Eine Bedeutung hat noch P12, das mit 12 V als Speisespannung arbeitet. Die meisten Schoeps-Verstärker unterstützen neben P48 auch P12, weil es in manchen mobilen Anwendungen von Vorteil sein kann.

Man kann sich leider nicht darauf verlassen, dass speisende Geräte die Norm vollständig einhalten. Das liegt auch daran, dass es inzwischen viele mobile und drahtlose Anwendungen gibt, bei denen es schwierig oder unökonomisch ist, die strenge Norm zu erfüllen und die volle Spannung und Stromstärke zu Verfügung zu stellen, z.B. wenn die Speisung aus kleinen Akkus gewonnen werden muss. Ist dies der Fall, kann man nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob ein Mikrofon funktioniert bzw. ob es zu einer Einschränkung seiner Leistungsdaten kommt. Manche Mikrofonhersteller, darunter auch Schoeps, geben an, bis zu welchen Bedingungen das Mikrofon ohne eine Einschränkung der Leistungsdaten funktioniert. Im Falle des Schoeps-Verstärkers CMC 1 sind das zum Beispiel 30V und 2 mA bei P48, 11V und 3 mA bei P12. Werden selbst diese Bedingungen vom speisenden Gerät nicht erfüllt, kann der Grenzschalldruck geringer sein oder es mehr Verzerrungen geben.

Schoeps achtet bei seinen Produkten darauf, dass die Speiseströme auf beiden Signaladern möglich gleich groß sind. Ein Unterschied in den Speiseströmen könnte bei einem Mikrofonverstärker mit Übertragereingang dazu führen, dass es im Übertrager zu einer Vormagnetisierung kommt, und daraus resultieren ggf. erhöhte Verzerrungswerte. Es obliegt eigentlich dem Hersteller des Mikrofonverstärkers, seine Schaltung dagegen zu schützen, denn dieses Problem kann auch aufgrund von Verkabelungsfehlern oder Fehlbedienung entstehen. Manchen Geräten fehlt aber dieser Schutz; in diesem Fall kommt es auf die Strombalance des Mikrofons an.

Ist eine höhere Spannung als P48 sinnvoll bzw. führt sie zu einem besseren Ergebnis? 

Moderne Mikrofone wie die von Schoeps haben eine geregelte Spannungsversorgung. Eine Phantomspeisungen, die größer als 48V ist, bringt daher keine Vorteile. 
Es gibt bzw. gab Mikrofone anderer Hersteller, die ihre Zugspannung direkt aus der Phantomspeisung beziehen. dabei handelt es sich vor allem um alte Vintage-Modelle. Bei diesen würde sich mit einer höheren Phantomspeisung wahrscheinlich etwas ändern, ob zum Besseren oder Schlechteren hängt vom Einzelfall ab. 
Diese Mikrofone könnten hinsichtlich der Aussteuerbarkeit, d.h. des maximalen Schalldrucks, profitieren, wenn die höhere externe Phantomspeisung auch eine höhere interne Speisung zur Folge hätte. Für Mikrofone mit geregelten Spannungsversorgungen gilt das nicht - hier würde es nur zu mehr Verlustleistung, also Wärme, führen. 
Das Thema ist also bei modernen Mikrofonen eher in der Esoterik zu verorten. 

Historischer Hintergrund

In der Vakuumröhren-Ära waren die Kabel für Kondensatormikrofone schwer, teuer und umständlich. Sie benötigten separate interne Leitungen für die Stromversorgung und je nach Mikrofontyp auch unterschiedliche Leitungen und Stecker. Dynamische Mikrofone hingegen benötigten nur zwei Leiter und eine Abschirmung. Als in den frühen 1960er Jahren transistorisierte Kondensatormikrofone eingeführt wurden, konnten die Kondensatormikrofone die flexibleren und zuverlässigeren Kabel verwenden, die auch für dynamische Mikrofone verwendet wurden, wobei die Stromversorgung über dieselben Leiter erfolgte, die gleichzeitig die Audiosignale übertrugen.

Für die Stromversorgung solcher Mikrofone gab es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten. Die eine war die „parallele“ 12-Volt-Speisung (auch als "T-powering“ bekannt), die von Nagra und Sennheiser schon früh eingeführt und von Filmtontechnikern lange Zeit verwendet wurde. Studiotechniker benutzten jedoch in der Regel eine größere Anzahl und unterschiedliche Mikrofontypen, so dass sie wegen der Zuverlässigkeit und Kompatibilität bald die Phantomspeisung bevorzugten. Damals waren Kondensatormikrofone teurer und nicht so robust wie heute, so dass sie oft für besondere Anlässe reserviert waren, z. B. für die Aufnahme eines renommierten Solisten. Dagegen wurden dynamische Mikrofone für die meisten alltäglichen Anwendungen verwendet. Die Phantomspeisung war für diese im Allgemeinen sicherer, während eine "T"-Speisung sie leicht hätte beschädigen können (insbesondere Bändchenmikrofone). Außerdem bietet die Phantomspeisung bei der Arbeit mit mehreren Mikrofonen und Schallquellen eine bessere Sicherheit gegen das "Übersprechen" der verschiedenen Mikrofonsignale.

Das französische Rundfunksystem verwendete eine 10- bis 12-Volt-Phantomspeisung mit geerdetem Pluspol. Schoeps, der Hauptlieferant von Kondensatormikrofonen, begann 1963-64 mit der Herstellung von Mikrofonen für diese Art von Speisung, der CMT-20-Serie. Diese Mikrofone verwendeten eine innovative, patentierte Hochfrequenz-Brückenschaltung und eine transformatorlose Ausgangsschaltung, die von Dr. Willi Küsters, dem Mitbegründer von Schoeps, entwickelt wurde. Die Mikrofone wurden damals von Telefunken, Siemens und Philips vertrieben.

Der CMT 20-Serie folgte 1964 die CMT 200-Serie mit verbesserter Empfindlichkeit und der erstmaligen Verwendung der "Schoeps-Ausgangsschaltung", die seitdem von zahlreichen anderen Herstellern nachgeahmt wurde. Viele Mikrofone dieser beiden Serien wurden bis 1966 verkauft, als Neumann die ersten Kondensatormikrofone vorstellte, die mit dem heutigen Standard von 48 Volt arbeiten. Diese Spannung (anstelle der 60 Volt, für die die Kapseln ausgelegt waren und die den Mikrofonen einen größeren Dynamikbereich verliehen hätten) wurde vor allem deshalb gewählt, um einem frühen Kunden entgegenzukommen, der diese Spannung zufällig in seinem elektrischen Hilfssystem zur Verfügung hatte.

Was die 48-Volt-Phantomspeisung als De-facto-Standard etablierte, war ihr Einsatz in den deutschen Rundfunkanstalten. Dadurch wurde neben der parallelen Speisung und 12-Volt-Phantomspeisung auch die 48-Volt-Phantomspeisung zur DIN-Norm. Damals waren die Rundfunkanstalten noch staatlich kontrolliert und zentral verwaltet, was die Beschaffung von Geräten anging. Ihre Netzgeräte waren auf die Telefunken-Röhre AC 701 genormt, und ein geringer Strom aus der 120-Volt-Plattenversorgung konnte über einen einfachen Spannungsteiler mit einer niedrigeren Spannung, z. B. 48 Volt, einem transistorisierten Mikrofon zugeführt werden. Solche Vorkehrungen erleichterten den Übergang von Röhrenmikrofonen, da sie eine jahrelange, überlappende Nutzung ermöglichten.

Man kann jedoch sagen, dass die 48-Volt-Stromversorgung in vielen anderen Anwendungsfällen noch jahrelang Probleme und Kosten verursachte. Die meisten Solid-State-Audiogeräte verwendeten intern keine derart hohen Gleichspannungen, so dass die frühen Benutzer dieser Mikrofone oft spezielle, externe Netzteile kaufen mussten, bis Konsolen, Recorder und Vorverstärker auf den Markt kamen, die diese unsägliche Spannung bereits eingebaut hatten.

Als zuverlässige Miniatur-DC/DC-Wandler verfügbar wurden, begannen die Mikrofonhersteller, verbesserte Modelle anzubieten, die ihre Kapseln für einen optimalen Dynamikbereich mit der vollen Designspannung polarisierten (obwohl dies dann den erforderlichen Betriebsstrom erhöhte, den nicht alle Konsolen und Recorder liefern konnten). Und übertragerlose Ausgangsstufen (ebenfalls von Schoeps entwickelt) mit ihrer geringeren Ausgangsimpedanz und Klangverfärbung, ihrer besseren Fähigkeit, lange Kabel zu treiben, und ihrer höheren maximalen Schalldruckleistung fanden zunehmend Verwendung.